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Gotthard

Die Ausgräber

Seit rund eineinhalb Wochen laufen die Grabungen an der Gotthardsruine, kistenweise liegen Funde zum Trocknen in der Sonne. Was bislang am Überraschendsten war, will der Zeitungsmann vom verantwortlichen Archäologen Harald Rosmanitz wissen. Der muss erst mal kurz überlegen: „Dass hier alles so perfekt und reibungslos läuft“.

Tatsächlich klappt alles auf der Anhöhe zwischen Amorbach und Weilbach bislang wie am Schnürchen. Ein Regentag, sonst nur Sonne, gut gelaunte Ausgräber, perfekte Versorgung und ein beachtlicher Arbeitsfortschritt – das kann sich sehen lassen. Die Hobby-Ausgräber kommen gut miteinander klar. Sie reden über Gott und die Welt, während der Spaten ins Erdreich stößt und die Spachteln im Einsatz sind. Oft kommen Wanderer und Leute aus der Umgebung vorbei, die wissen wollen, was vor sich geht. Und für ein Schwätzchen ist immer Zeit – das ist von den Initiatoren ausdrücklich so gewünscht. Schulklassen bringen zusätzlich Leben in das alte Gemäuer – der Gotthard lebt dieser Tage. Und so ist es kein Wunder, dass auch Archäologe Rosmanitz und Volontärin Christine Reichert bestens gelaunt sind.

Weitere Infos zu den Ausgrabungen finden Sie im Grabungstagebuch des Spessartprojekts.

Bürger aus der ganzen Region packen jeden Tag auf dem Gotthardsberg mit an

Auf die Hobby-Archäologen aus dem Odenwald ist bei Verlass: Sie sind morgens pünktlich vor Ort und erst gegen Abend verlassen sie den Gotthardsberg. Sie kommen nicht nur aus Amorbach und Weilbach, sondern auch aus anderen Orten der Umgebung. Das beweist, wie attraktiv die Ausgrabungen für die Bürger der ganzen Region sind.

Rudi Münkel beispielsweise kommt aus dem Walldürner Ortsteil Rippberg. Der 68-jährige pensionierte Gießerei-Ingenieur freut sich über eine sinnvolle Tätigkeit, bei der er auch im Alter etwas dazulernen kann. Das Altertum hat ihn schon immer interessiert – davon zeugen zahlreiche Reisen in die ganze Welt. „Das hier ist ein Stück Heimat“, sagt er und deutet auf die Gotthardsruine, „da muss man einfach etwas tun.“ Er ist seit Beginn der Grabungen dabei und fungiert darüber hinaus als Nothelfer oder Springer, wenn einmal schnell etwas erledigt werden muss und keiner anderer greifbar ist.

Hans Bartl steht im zwei Meter tiefen Erdloch, ständig befördert er mit dem Spaten Erdreich in den daneben stehenden Schubkarren. Der 68-jährige Amorbacher hat am Montag letzter Woche erfahren, dass am Gotthard gegraben wurde. Daraufhin schnappte er sich seine Kamera, ging an die Ruine und wollte nur ein paar Bilder von den Grabungen aufnehmen. Was daraus wurde, kann man jetzt sehen: „Die haben mir gesagt, dass ich die Kamera weglegen und anpacken soll“, erklärt er lachend. Gesagt, getan. Jetzt will er bis zum Ende der Grabungen mitmachen. „Das macht richtig Spaß“, freut er sich.
Auch Jutta Speth hat der Archäologie-Virus befallen. Sie erledigt mit einer Spachtel die feineren Arbeiten bei der Freilegung der Schätze. Die 45-Jährige aus Schneeberg hat Erfahrungen mit „altem Gelerch“: „Wir haben zu Hause ein altes Haus renoviert und dabei viele alte Scherben gefunden“, erklärt sie. Die Scherben hat sie gleich mitgebracht, um sie von Harald Rosmanitz begutachten zu lassen. „Es ist richtig interessant zu sehen, wie eine solche Ausgrabungsstelle funktioniert“, erzählt sie, „so nahe kommt man normalerweise nie heran.“ Sie hilft am Gotthard immer, wenn es ihr zeitlich möglich ist. Auch sie will noch weiter dabeibleiben.

Fritz Kolb kommt immer mittwochs zum Helfen vorbei. Der 68-jährige Amorbacher, der im „Nebenberuf“ noch Wegewart ist, hat schon einmal etwas Ähnliches gemacht. „Ich habe bei den Römer-Ausgrabungen in der Kapellengasse in Obernburg mitgemacht“, erzählt der aus Obernburg stammende Rentner. „Dort durften wir aber kaum etwas anderes machen als den Schutt wegzufahren“, blickt er zurück. Hier dürfen die Hobby-Archäologen viel mehr tun. Das gefällt Fritz Kolb. Und die Kameradschaft, sagt er, „die ist auch richtig gut.“

Das Spessartprojekt

Das Archäologische Spessartprojekt (ASP) befasst sich mit der Kulturlandschaft Spessart in all ihren unterschiedlichen Aspekten: Geschichte, Sprache, Kultur, Landschaftsentwicklung, natürliche Voraussetzungen wie Geographie, Topographie, Geologie oder Biologie.

In enger Zusammenarbeit mit Universitäten und Forschungsinstituten werden Umwelt- und Klimaveränderungen, die Spuren der Waldnutzung durch die Jahrtausende und die gegenseitige Beeinflussung von Mensch und Natur erforscht. Mit Hilfe geophysikalischer Messungen, Pollenanalyse, der Dendrochronologie, archäologischer Prospektionen und Grabungen sowie mit Fernaufklärung per Satellit, Luftbildern, der Auswertung von Archivalien, und der Kartierung von Zeigerpflanzen oder Bewuchsmerkmalen wird die Geschichte einer lange vernachlässigten Kulturlandschaft rekonstruiert.