Der Porphyr vom Gotthardsberg
Ein kleiner Stein mit großer Wirkung – So könnte man das beschreiben, was ein vergleichbar unscheinbares Fundstück inzwischen bewirkt hat. Die fingerbreite Steinplatte kam in den letzten Tagen der Grabungen 2010 auf dem Gotthardsberg zu Tage. Das Porphyr-Fragment war Teil eines romanischen Tragaltars. Es hat unseren Blick auf das Bodendenkmal „Gotthardsberg“ grundlegend verändert. Waren die Grabungen ursprünglich als Beitrag zum Substanzerhalt und zur Erforschung der Regionalgeschichte gedacht war, lassen sich nun – auch im Lichte der Neuentdeckungen anlässlich der Grabungen 2011 – weit darüber hinaus gehende Verbindungen bis hin zum salischen Kaiserhaus erahnen.
Inzwischen haben sich zahlreiche Forscher, Archäologen, Geologen. Historiker und Kunsthistoriker, das gute Stück genauer in Augenschein genommen. Eine eigens aufgrund des Gotthardsbergfundes durchgeführte Untersuchung im ursprünglichen Abbaugebiet des Steins im griechischen Sparta brachte sensationelle Erkenntnisse.
All dies wird im Rahmen einer zweitätigen Tagung der ArGe Gotthardsberg in Weilbach und Amorbach ausführlich besprochen. Die von der ArGE Gotthardsberg und dem Archäologischen Spessartprojekt – Institut an der Universität Würzburg gemeinsam durchgeführte Veranstaltung beginnt am Freitagabend in Weilbach. Dabei stehen der Porphyr und dessen Nutzung durch die deutschen Könige im Mittelpunkt des Interesses. Am Samstagmorgen beschäftigen wir uns in Amorbach in zahlreichen Kurzreferaten mit weiteren Grabungen, in denen Porphyr gefunden wurde und suchen nach Bezügen zum Gotthardsberg. Am Samstagmittag beschäftigen wir uns dann eingehend mit der hochmittelalterlichen Geschichte des Gotthardsbergs.
Wir möchten alle Interessierten zu der für den Gotthardsberg dessen weites Umfeld sicher sehr interessante Veranstaltung einladen. Der Eintritt für die Veranstaltung ist frei.
Auf Ihren Besuch freut sich die ArGe Gotthardsbergaufgelöst. 956 wurde die Ruine restauriert und erhielt ein Dach, um den bau vor weiterem Verfall zu schützen.
Nachgewiesene Phasen der Besiedlung
Folgende Phasen der Besiedlungsgeschichte des Gotthards konnten die Archäologen bereits nachweisen (in Klammern die dazugehörenden Funde):
Phase 1: Ende 12. Jahrhundert/Anfang 13. Jahrhundert: Erbauungszeit der Kirche (Fliesenboden, Bestattungen)
Phase 2: Zweite Hälfte 14. Jahrhundert: Spätgotischer Umbau der Kirche (Maßwerk)
Phase 3: Ende 14. Jahrhundert bis 1435: Letzte Blütephase des Nonnenklosters (Ofenkeramik, Alimbik, Gläser)
Phase 4: Um 1440: Errichtung der Priorei (Gewölbe, Ofenkeller)
Phase 5: 1525: Zerstörung der Priorei (Brandschicht)
Phase 6: Erste Hälfte 17. Jahrhundert: Frühbarocker Umbau der Kirche (Aufschüttungen östlich der Kirche mit Westerwälder Steinzeug)
Phase 7: 20. Jahrhundert: Zerstörung der Inneneinrichtung der Kirche (Fragment einer Altarplatte, Sakralkeramik).
Die ersten Erkenntnisse
den Untergrund gelegt. Bereits jetzt, freut sich Rosmanitz, habe man durch die Grabungen und die Funde wesentliche Lücken in der schriftlichen Überlieferung geschlossen. Andere Schriftquellen erschienen nun in einem völlig neuen Licht. So sei beispielsweise in Urkunden aus dem 15. Jahrhundert der schlechte Zustand des Nonnenklosters auf dem Berg beklagt worden. Aus den Grabungen sei aber das Gegenteil zu folgern: Im Schutze des Reichsklosters habe sich auf dem Gotthard vielmehr eine wohlhabende Geistlichkeit etabliert – vermutlich aufgrund guter Geschäfte mit dem Wein. Dass solch falsche Tatsachen niedergeschrieben wurden, ist für Rosmanitz nur aus einem Grund denkbar: „Die brauchten einen Vorwand, um den Konvent auflösen zu können.“
Im östlich der Ruine gelegenen Bereich haben die Ausgräber das Gewölbe freigelegt. Man habe die Arbeiten aber eingestellt, da die Statik problematisch sei. Die Stadt Amorbach müsse entscheiden, ob man das Gewölbe erhalten oder gezielt zum Einsturz bringen will. Im jetzigen Zustand sei die Gefahr zu groß, dass das Gewölbe einstürzt.
Das Gebäude über dem Gewölbekeller dürfte bald nach Auflösung des Nonnenklosters nach 1439 errichtet worden sein, vermutet der 48-jährige Archäologe. Dafür sprechen unter anderem die Reste eines grün glasierten Kachelofens, dessen Kacheln mit kleinen Reliefs bedeckt waren. Als das Prioratsgebäude zeitgleich mit der Wildenburg während des Bauernkriegs in Flammen gesteckt wurde, sei das Fachwerkhaus bis auf die Grundmauern niedergebrannt, erzählt Rosmanitz. Der Gewölbekeller sei verschont worden – ein Wiederaufbau habe sich offenbar nicht gelohnt. Ein Beleg dafür, dass das Gebäude über dem Gewölbekeller 1525 aufhörte zu existieren, belege eine zwischen 1503 und 1508 geprägte Silbermünze des Kölner Erzbischofs Hermann von Hessen, die die Ausgräber im Brandschutt des Erdgeschosses fanden.
Freigelegt wurde in einer Tiefe von zwei Metern eine verputzte, innen weiß getünchte Mauer, die ebenfalls zum Gebäude gehörte. Interessant ist die Tatsache, dass in den Verschüttungen Fragmente unterschiedlichster Zeitepochen gefunden wurden. Neben Leuchter-Füßen lagen beispielsweise Reste eines keramischen Altars, der noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Kirche gestanden haben dürfte. Backsteine, Ziegel sowie Fragmente von ornamentierten Bodenfliesen tauchten neben gemusterten Tonplatten aus dem 12. Jahrhundert auf.
Auch menschliche Knochen entdeckten die Ausgräber. Rosmanitz erklärt dies mit tiefgreifenden Umbaumaßnahmen im Kircheninnern in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, bei denen auch Bestattungen unter dem Kirchenboden zerstört wurden.
Zahlreiche Fragmente von meist glasiertem Koch- und Trinkgeschirr zeugten vom Alltag im hoch- und spätmittelalterlichen Nonnenkloster, erklärt der Mann vom Archäologischen Spessartprojekt. Die Fenster- und Trinkgläser, die vornehmlich im Spessart gefertigt worden sein dürften, bestätigten, dass es sich die Bewohner des Gotthardsbergs durchaus gut gehen ließen. Durch den Fund von zwei sogenannten Alimbiken habe sich zudem herausgestellt, dass die Nonnen sich auch auf die Herstellung von Arzneien verstanden hätten. „Diese Destillierhauben sind als archäologische Funde eine große Rarität“, freut sich Rosmanitz, der auch von zwei gefundenen eisernen Schlüsseln berichtet.
Was passiert mit den Fundstücken?
In Bayern sieht die Rechtslage so aus, dass Finder und Grundstückseigentümer jeweils die Hälfte der Funde bekommen. Die Heimatvereine und die beiden Gemeinden haben sich darauf geeinigt, dass alle Fundstücke zentral in Amorbach ausgestellt werden. „Das Templerhaus ist dafür ideal geeignet“, erklärten Bürgermeister Peter Schmitt und Altbürgermeister Karl Neuser unisono. Der Standort Templerhaus ist auch aus einem anderen Grund ideal: Von hier aus kann man den Gotthardsberg sehr schön sehen.
Neben der Ausstellung in Amorbach soll auch oben an der Ruine ein Informationszentrum entstehen – eventuell in der Sakristei. Dort soll während der Grabungen eine Art Küche eingerichtet werden, um die Helfer zu verpflegen. Anschließend könnte dort die Geschichte der Ruine anhand von Infotafeln aufgearbeitet werden. Die mit zahlreichen Einritzungen versehenen Wände sollen bleiben wie sie sind – schließlich machte Harald Rosmanitz dort nicht nur viele Ritzungen aus jüngerer Zeit aus, sondern auch aus dem Jahr 1792.